Grün statt Beton, Freiraum statt Prestige-Bauten! Der Volksentscheid zum Erhalt des Tempelhofer Feldes ist mit einer Mehrheit von 64,5 % gewonnen!
Halb Berlin hat gestern vor Ort gefeiert, wie sieht es bei den Berliner FÖJlern aus? Was denkt ihr zum erfolgreichen Volksentscheid?
Deinem Fazit stimme ich zu! Ich habe mir am Abend vor dem Volksentscheid noch die beiden Gesetzesentwürfe durchgelesen und war sehr verwundert, dass der Vorschlag des Senats nur drei Paragraphen hatte. Da war (aus meiner nicht-juristischen Sicht) kaum etwas geregelt.
Sicherlich kann man bei diesem Thema ewig lang diskutieren, besonders weil es nicht nur um das Feld ansich ging.
Und dafür bin ich durch meine geringe Informiertheit garantiert nicht der richtige Gesprächspartner. (Das wollte ich nochmal loswerden.)
Trotzdem bin ich mir sicher, dass es ein wichtiges Zeichen war; die Berliner wollen an der Stadtentwicklung teilhaben, sind nicht durchweg zufrieden mit der Politik und zeigen “Wir sind keine Kinder, sondern selbstbestimmte Menschen und nun müsst ihr unsere Entscheidung akzeptieren.” (Pere)
Und wie auch Pere geschrieben hat: Demokratie -> das Volk herrscht
Und deshalb wünsche ich mir auch, dass die Wahlbeteiligung in Zukunft steigt. Denn nicht wählen gehen und hinterher meckern kann jeder.
Joshua, vielen Dank für deine Links, beide Artikel fand ich super interressant und es macht mich immer wieder froh, zu lesen und zu hören, dass es Menschen gibt, die zu diesem Thema denken wie ich – denn gerade rund um den Volksentscheid gab es so viele widersprüchliche, interessengelenkte & teilweise einfach unqualifizierte Stellungnahmen und Kommentare (auch vonseiten der Volksentscheid-Befürworter), dass ich spüre, wie gut es mir tut, dazu eine Stellungnahme zu lesen, die ich so unterschreiben würde.
Vielleicht nicht ganz so differenziert und etwas kürzer & knapper, aber mir auch aus dem Herzen gesprochen und auf jeden Fall lesenswert finde ich auch diesen Kommentar: http://www.spreeblick.com/2014/05/26/als-ginge-es-nur-um-das-tempelhofer-feld/ .
Denn: Als ginge es nur um das Tempelhofer Feld! Nein, auch mir ging es nicht nur ums Tempelhofer Feld, so sehr es mir am Herzen liegt und so sehr ich finde, dass die ökologischen Argumente auch wichtig sind, denn das Ding mag zwar riesig sein (Joshua), aber die Bodenbrüter auf dem Feld sind nun mal in der Mitte angesiedelt und wären durch die Verlagerung des Freizeitparks bedroht worden, ebenso ist gerade die riesige Weite des Feldes für unser Stadtklima bedeutend (& nebenbei finde ich auch die Ästhetik, die Einzigartigkeit ist und bleibt ein Argument, das genauso ernst genommen werden sollte wie alle anderen!).
Aber ja, Stadtgestaltung, Stadtpolitik sind auch für mich die Hauptthemen dieses Volksentscheids gewesen, denn Neubauten genau auf diesem einzigartigen Feld werden die Wohnungsnot und Mieterhöhungen nicht mindern, sondern fördern. Und man sollte nicht vergessen, dass zu Beginn der Pläne niemand von sozialem Wohnungsbau gesprochen hat – dieses Argument wurde nach den ersten Protesten hinterhergeschoben und wurde dann im Wahlkampf mehr und mehr zum Haupt- (und einzigen) Argument.
Was du geschrieben hast, Rike, finde ich auch total wichtig und verstehe ich gut: Zur Zeit scheint es ja so, als ob, wann immer irgendetwas entschieden oder geplant wird, sich sofort eine Initiative DAGEGEN bildet – und dann schreiben die großen Zeitungen wieder darüber, dass das alles nur von der spießigen Mittelschicht ausgehen würde, die ihren Kleingarten schützen wollen. – Oder die so genannten „Wutbürger“, das ist auch so ein bescheuerter Begriff: Als wären wir alle eine Truppe nörgelnder Kinder, die sich mit dem, was die Politik uns von „oben“ präsentiert, nicht zufrieden sind und alles auf einmal haben wollen.
Und tatsächlich mag es viele Nörgler geben, die einfach nur dem Senat eins reinwürgen wollen, die ganzen Kampagnen zu Wowereits Rücktritt weisen ja auch darauf hin. Aber – ich würde das gern auch noch mal von einer anderen Seite sehen:
Ich denke, das nörgeln kommt vor allem daher, dass wir keine Kinder sind, sondern Erwachsene, die über lokale Angelegenheiten leider oft einfach besser entscheiden können als die zuständigen Politker und die selbstbestimmt leben wollen, während vielerlei Entscheidungen hier über unsere Köpfe getroffen werden, die schlichtweg Einzelinteressen von Konzernen, Lobbys etc. dienen. Und natürlich entsteht dadurch Wut. Ich finde aber, Wut ist wichtig, wenn sie zielgerichtet ist.
Am Montag, also direkt nach der großen Volksentscheid-Party war ich mit vielen Anderen im Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld und es war eine ganz besondere Stimmung, euphorisch und befreit, denn viele von uns haben ihr ganzes Herzblut in diesen Wahlkampf gesteckt. Aber es war auch noch mehr – wir haben uns irgendwie zusammengehörig gefühlt, aber nicht im Sinne des Negativen „Wir haben unseren gemeinsamen Feind besiegt“, sondern weil wir uns gefühlt haben, als hätten wir zusammen etwas NEUES GESCHAFFEN. Wir und alle, die für 100%-Tempelhof gestimmt haben, haben ja zusammen ein GESETZ geschaffen, das uns selbst betrifft. Und das ist doch, was Demokratie eigentlich bedeutet: dass „das Volk“ herrscht. Wir haben die Chance genutzt und haben ein Gesetz geschaffen, von dem wir überzeugt sind (und über das wir jetzt auch nicht zu nörgeln brauchen), haben selber politische Macht ausgeübt und gezeigt, wenn WIR die Stadtpolitik bestimmen, dann sieht das SO aus.
Und das finde ich ist ein bisschen die positive Seite des „Hauptsache dem Senat eins reinwürgen“: Es ist eher so eine Art – „Schaut mal, wir sind keine Kinder, sondern selbstbestimmte Menschen und nun müsst ihr unsere Entscheidung akzeptieren.“
Denn ich finde hier geht es gerade nicht um irgendjemandes Kleingarten, sondern um ein öffentliches Gelände, einen Ort als, der uns allen gehört und den wir also auch gestalten dürfen. Ich finde, der Volksentscheid war auch wichtig (gerade nachdem der gegen Vattenfall so knapp gescheitert ist), um auch wieder daran zu glauben, dass wir durch Volksentscheide etwas erreichen können und uns nicht in alles fügen müssen. Denn „als ginge es nur um das Tempelhofer Feld.“
Auch das ist – zum Beispiel – eine Argumentation, die mich überzeugt: http://www.avanti-projekt.de/news/warum-die-pl%C3%A4ne-des-berliner-senats-auf-dem-tempelhofer-feld
Dann lieber Gemeinschaftsgarten statt Privatisierung.. da haben mehr Menschen etwas von.
Sicherlich ging es vielen – wie auch mir – darum, dass der Senat mit seinem Masterplan nicht so durchkommt – da braucht es nicht mal allgemeine Anti-Haltung. Gleichzeitig hatte ich auch Sorge, dass 100% THF nicht gewinnt, weil die bestimmende Argumentation eben nicht „Sozialer Wohnungsbau geht anders. Euer Engagement ist geheuchelt.“ war, sondern eine grün-bürgerliche ala einzigartiger Park, Artenschutz, ect. – was ja nicht prinzipiell falsch ist, aber das Ding ist so riesig, da hätte man schon noch was mit anfangen können, ohne komplett zuzubauen.
Dem gegenüber hat es Kotti & Co. mMn ganz gut ausgedrückt: „Wir sind nicht gegen Neubau. Wir sind nur nicht doof.“: http://kottiundco.net/2014/05/22/100-mieten-neubau-und-ein-freies-feld-in-der-neoliberalen-stadt/
-> insbesondere der Link ganz unten (http://www.nichts-laeuft-hier-richtig.de/) ist lesenswert, insbesondere weil er auch auf die Bahauptung eingeht, Neubau wäre allgemein gut.
Ich freue mich, dass die Initiative erfolgreich war. Vorallem, weil solche Aktionen so oft scheitern. Für den Erfolg war es auf jeden Fall von Vorteil, dass die Abstimmung mit der Europawahl zusammenfiel.
Ich für meinen Teil kann leider nicht aus ganzem Herzen jubeln. Ich finde es gut, dass die Berliner über einen Teil ihrer Stadt abstimmen konnten.
Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es nicht nur um das Tempfelhofer Feld ging, sondern auch darum, die Pläne einer Regierung zu durchkreuzen. Unter dem Motto „Jetzt können wir schonmal direkt über ein Gesetz entscheiden, dann sorgen wir auch dafür, dass die Politiker nicht durchkommen.“
Außerdem sehe ich diese ganzen Aktionen gegen Windkraftanlagen, Flugrouten, Gebäudebau usw. kritisch.
Viele wollen mehr erneuerbare Energien in Deutschland, aber ein Windrad hinterm Haus geht nicht. (Stichwort „Nimby“)
Es müssen bezahlbare Wohnungen in Berlin gebaut werden. Aber bloß nicht da, wo der eigene Kleingarten oder die nächste Grünfläche ist.
Jetzt werdet ihr sagen, dass der Senat nicht nur Wohnungen bauen wollte.
Ja: Der größte Kritikpunkt am Gesetzentwurf des Senats war für mich, dass eben nicht drin stand: Randbebauung nur mit sozialem Wohnungsbau.
Fazit: Ich finde es gut, dass die Initiative 100% Tempelhofer Feld gewonnen hat. Aber wenn der Senat 100% sozialen Wohnungsbau im Gesetzentwurf festgelegt hätte, dann hätte ich dafür gestimmt. Denn meiner Meinung nach hätten die vom Senat versprochenen 230 ha Freifläche gereicht.